918 Spyder: So fährt sich der Drei-Motoren-Booster von Porsche - WELT (2024)

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„Für mich geht es zunächst mal darum, dass das Auto geht wie der Teufel.“ Wolfgang Hatz, der Entwicklungsvorstand von Porsche, hätte auch irgend etwas vom unglaublichen Verbrauch des künftigen 918 Spyder erzählen können, jenes Supersportwagens mit Plug-in-Hybridtechnik, dessen Prototyp nun bereit steht.

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Doch Hatz lässt die vorläufige Werksangabe von 3,3 Litern auf 100 Kilometer unerwähnt (man wird sie im Sportwagenfahrerleben auch nicht erreichen), er freut sich lieber darüber, dass der Wagen so schnell ist. Und inzwischen so fahrbar, dass man ihn auch mal aus der Hand geben kann.

Die Startnummer 25 auf der schwarz-rot beklebten Karosserie deutet an, dass es sich um Prototyp Nummer 25 handelt. Es ist der letzte, seit dem 14. Mai läuft die Produktion der Vor- und Nullserien, das werden noch einmal 33 Stück, die nicht in den Verkauf gehen.

Erst mal ins Notlaufprogramm

Nummer 25 ist also noch nicht ganz fertig, aber wenn man mit dem Autobau beruflich nichts zu tun hat, merkt man das kaum. Nummer 25 lebt, allerdings führt er auch noch ein Eigenleben, das er nicht führen sollte. Schon während der ersten Runde auf der Teststrecke des Leipziger Porsche-Werks gerät die Fuhre ins Stocken – Notlaufprogramm.

Eugen Oberkamm sitzt auf dem Beifahrersitz, ihm ist das unangenehm. Der Projektmanager für das Gesamtfahrzeug entschuldigt sich, schaltet den Motor aus, zieht den Schlüssel ab, schließt per Fernbedienung die Tür und wartet ab. Dann aufschließen, neu starten, weiter geht es.

So etwas kann man auch in Serienfahrzeugen erleben, aber das beruhigt den Ingenieur nicht. Die gesamte 918-Spyder-Mannschaft ist motiviert bis in die Haarspitzen und will den genialsten Sportwagen von allen abliefern. Störungen passen da nicht ins Konzept.

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Es regnet weiter, inzwischen aber benimmt sich Nummer 25. Oberkamm erklärt den kleinen Drehschalter am Lenkrad, mit dem man fünf verschiedene Fahrerlebnisse einstellen kann. Zunächst natürlich den Elektromodus (30 Kilometer weit möglich, bis Tempo 150, sieben Sekunden auf 100 km/h, Straßenbahnsound).

Lieber Sport-Hybrid oder Race-Hybrid?

Dann kommt Hybrid (die Elektronik entscheidet, wie der 6,2 Liter große V8 und die beiden E-Motoren vorn und hinten zusammenarbeiten), Sport-Hybrid (der V8 geht niemals aus, E-Motoren boosten bei Bedarf) und Race-Hybrid. Hier wird der V8 unter hoher Last gefahren, und wenn man nicht die ganze Power braucht, lädt er die Akkus, auf dass sie stets mit anschieben können.

Von 3,3 l/100 km ist nicht mehr die Rede. Von der Höchstgeschwindigkeit aber auch nicht besonders. Derzeit lautet die Angabe „über 340 km/h“, aber Porsche gibt sich immer etwas desinteressiert an der reinen Höchstgeschwindigkeit.

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Dafür ist glaubhaftes Verhalten auf der Rennstrecke wichtig , und das Wort „Race“ dürfe man beim 918 Spyder auch wörtlich nehmen sagt Oberkamm. Der Wagen könnte an Rennen teilnehmen, ohne nach zwei, drei Runden wegen nachlassender Akkus zu schwächeln.

Und dann zeigt er noch die Schalterstellung für die Qualifikationsrunde: Hot Lap. Gnadenlos saugt der Porsche nun den Akku leer und quetscht jede einzelne seiner 887 Pferdestärken auf die Straße, und 1265 Newtonmeter Drehmoment kann er auch mobilisieren. In 2,8 Sekunden kann der 918 Spyder Tempo 100 erreichen, aber die Hot-Lap-Stellung bleibt heute tabu.

Die Beschleunigung fühlt sich fast falsch an

Das ist kein Problem, denn als der Spyder jeweils in Sport- und Race-Modus auf die Zielgerade einbiegt und Oberkamm irgendetwas sagt wie „Jetzt geben Sie mal Vollgas“, da müssen doch einige Koordinaten im Testfahrer-Hirn neu geschrieben werden.

Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe schaltet zwei, drei Gänge zurück, und aus den oberarmdicken Auspuffrohren, die den vor der Hinterachse sitzenden Motor nach oben verlassen, röhrt es infernalisch. Der stärkste Serien-Porsche aller Zeiten schiebt derart ungestüm los, dass man beim ersten Mal unwillkürlich den Fuß vom Gas nimmt, weil sich diese Beschleunigung beinahe falsch anfühlt.

Und weil es immer noch regnet, ruckt und zuckt die Hinterachse über gefühlte 50, 100 Meter – wie bei einem Sportwagen früherer Generationen ohne Stabilitätssysteme. Ja, sagen später die Ingenieure, der Prototyp sei erst bei etwa 95 Prozent, das könne man noch stabiler machen.

Vielleicht ist es das, was Walter Röhrl, der Rallye-Legende in Diensten Porsches, manchmal ein bisschen Kummer bereitet. Dass die Entwickler selbst bei so einem Beinahe-900-PS-Monstrum alles daran setzen, es zugänglich und leicht handhabbar zu machen. Sicher ist es ein bisschen herausfordernd, den 918 Spyder zu bewegen, gerade bei Nässe, gerade beim ersten Mal, aber eine Heldentat ist es dann auch nicht.

Es gibt eine langgezogene Rechtskurve auf der Leipziger Teststrecke, die hat drei Scheitelpunkte, man kann sie auf Anhieb gar nicht perfekt auf der Ideallinie fahren. Im Regen muss man vorsichtig sein, aber später, als alles abgetrocknet ist, dann dreht man an dieser Stelle am Lenkrad, und der 918 Spyder korrigiert auch bei flottem Tempo seinen Kurs ohne Murren.

Walter Röhrl hat zwei Porsche 356 gekauft

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Wer weiß, vielleicht schaltet er automatisch den zweiten Elektromotor an der Vorderachse zu und funktioniert dann kurzzeitig als Allradauto – aber das regelt alles die Elektronik. Und die Hinterradlenkung ist sowieso automatisch aktiv.

Das ist beeindruckend, aber wenn der 66-jährige Röhrl erzählt, womit er sich seinen Rückzug vom jahrelangen Test-, Abstimmungs- und Repräsentationsfahren versüßen wird, dann ist das auch ein Statement. „Ich habe mir zwei Porsche 356 gekauft.“ Oldtimer, ohne alle Tricks, zum großen Teil noch vor dem ersten 911 entstanden.

Röhrl weiß natürlich um die strategische Bedeutung des 918 Spyder. Die ganze Technik hat Porsche nicht entwickelt, um 918 Menschen glücklich zu machen (die Auflage ist limitiert, um 300 Autos sind schon bestellt), sondern wie viele andere Chef-Entwickler hält auch Porsche-Vorstand Hatz die Plug-in-Technik für derzeit konkurrenzlos, was günstige Verbräuche und vor allem CO2-Werte angeht.

Gerade sei er mit dem neuen Panamera Plug-in Hybrid in Shanghai unterwegs gewesen, 40 Kilometer Stop and Go, alles elektrisch. Und auf der Autobahn könne der Wagen pro Kilometer zwei Prozent der Akkus wieder aufladen.

Nächstes Jahr mit Hybrid nach Le Mans

2014 kommt die Feuertaufe für Porsches Hybridtechnik: Dann wird Hatz einen neuen Rennwagen der größten Klasse bei den 24 Stunden von Le Mans antreten lassen, gegen die siegverwöhnte Konkurrenz von Audi und das ambitionierte Toyota-Team.

Und danach will Porsche noch ein Serien-Sportmodell zwischen den Topversionen des 911 und dem 918 Spyder etablieren, irgendwo im 400.000-Euro-Bereich. Hier könnte der 6,2-Liter-V8 des 918 Spyder zum Einsatz kommen, die Plug-in-Hybridtechnik dürfte schnell auch für den Groß-Geländewagen Cayenne verfügbar sein und später auch für das neue Kompakt-SUV Macan, das ab Ende 2013 in Leipzig vom Band läuft.

Vielleicht hat Porsche in Sachen 918 Spyder nur eine Sache falsch gemacht, nämlich den Preis zu früh bekannt gegeben: 768.026 Euro sind kein Pappenstiel, aber wenn man bedenkt, dass der Ferrari LaFerrari (963 PS) und auch der McLaren P1 (915 PS) die Millionengrenze überschreiten, wäre für Porsche sicher mehr drin gewesen.

„Wahrscheinlich hätten wir auch eine Million verlangen können“, sagt ein gutgelaunter Wolfgang Hatz und spricht von „Technik im Sonderangebot“. Und dann wieder ganz ernst: „Für uns ist das Auto nichts zum Geldverdienen, sondern eine Investition in die Zukunft. “

Welt"-Reporter Stefan Anker twittert regelmäßig spontane Autonews und Beobachtungen aus Auto- und Testalltag. Er freut sich, wenn Sie hier klicken und ihm folgen. Schauen Sie auch in seinem Blog oder auf seiner Facebook-Seite vorbei.

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